2019 hat begonnen und während die Silvestertouristen gerade an ihre Arbeitsplätze zurückgekehrt sind, steht Italien bereits mitten im Tourismusjahr 2019. Wie bereits in den vergangenen Jahren hat der italienische Minister für Kultur und Tourismus Dario Franceschini auch für 2019 ein Motto ausgegeben: 2019 ist das Jahr des „Slow Tourism“. Damit stehen 2019 sowohl die Länderwerbung als auch die Investitionen in die Touristische Infrastruktur unter dem Schwerpunkt der Nachhaltigkeit. Der Minister kündigt unter anderem den Ausbau der Revitalisierung historischer Zugstrecken und Eisenbahnmodelle an.
Nachdem 2018 dem „Jahr der italienischen Küche“ die enogastronomische Vielfalt Italiens im Mittelpunkt stand, ist 2019 nachhaltigen Formen des Tourismus gewidmet.
"Nach dem Jahr der Wege, dem der Dörfer und dieses Jahr als Lebensmitteljahr, werden wir mit dem Jahr des langsamen Tourismus im Jahr 2019 eine ideale Reise zur Förderung unbekannter italienischer Gebiete abschließen", erklärte Minister Franceschini gegenüber der Presse.
„Entschleunigtes Reisen“ oder „Langsamer Tourismus“, etwa auf historischen Zugstrecken, die nach Plänen des Tourismusministers 2019 revitalisiert werden, ist die Gegenbewegung zum Massentourismus der sich oft an einschlägigen touristischen Zentren konzentriert. De negative Auswirkungen, des inzwischen auch als „Overtourism“ bezeichneten Phänomens, kennt gerade in Italien, das zu einem der beliebtesten Urlaubsländer überhaupt zählt, nur zu gut. Orte wie Venedig, Florenz, Siena, Cinque Terre und zuletzt Capri kämpfen seit Jahren mit den negativen Folgen des Massenandrangs. Alternative Konzepte wie der Grüne Lido in Venedig, der erst vergangenes Jahr vorgestellt wurde und auf regionale Zusammenarbeit in Nachhaltigkeitsfragen setzte, oder die Webseite destinationflorence.com, die Florenzbesucher in touristisch noch nahezu unberührte Teile der Renaissancestadt locken möchte, versuchen neue Wege zu gehen.
Italien hat abseits der bekannten und beliebten Touristenzentren einiges an Kultur- und Naturschätzen zu bieten und muss auch bei Konzepten zum nachhaltigen Tourismus keinen Vergleich scheuen. Mit dem Jahr des „Slow Tourism“ fördert das Ministerium diese Aktivitäten und stellt das nachhaltige Reisen ins Zentrum des Ländermarketings.
Der Trend reicht vom nachhaltigen Reisen bis hin zum green und slow tourism, also einem Aufenthalt in Kontakt mit Natur und Menschen, um das Ursprüngliche und Authentische kennen zu lernen und beim „langsamen Reisen“ Zeit dafür zu haben. Italiens „Slow Tourism“ Angebote sind vielfältig, viele Kommunen, Verbände, und Touristiker, ob Hoteliers oder Weinbauern, entwickeln seit Jahren spannende Nachhaltigkeitsprogramme.
So vergibt der Touring Club Italiano seit 20 Jahren die Bandiera Arancione („Orangene Fahne“) als Auszeichnung im Tourismus- und Umweltbereich an kleine im Hinterland gelegene Borghi mit bis zu 15.000 Einwohnern. Inzwischen sind es 227 Ortschaften, die das Qualitätssiegel tragen (Stand 2018). Der Touring Club möchte mit der Auszeichnung, die von der Welttourismusorganisation anerkannt ist, einen Beitrag zur Förderung des sanften Tourismus leisten und die Aufmerksamkeit auf die abseits der Küste liegenden Schätze richten. Genau diese kleinen Orte- die Borghi- oft abseits der touristischen Pfade, aber durchaus erreichbar, mit Glück sogar über eine der historischen Eisenbahntrassen, stehen im Zentrum der Initiative I Borghi più Belli d'Italia (Die schönsten Dörfer Italiens). Der Verband, in dem über 270 Dörfer vereint sind, die mit ihrer jeweils einzigartigen Charakteristik für sich werben, versteht seine Aufgabe nicht allein in der Tourismusförderung, sondern auch in der Bewahrung und Restaurierung von historischen Gebäuden und Denkmälern, die oftmals in Gefahr sind, verloren zu gehen.
Die Borghi, das sind eben jene italienische Dörfer im Hinterland und verträumte Küstenorte laden ein zu einem Urlaub, bei dem Nachhaltigkeit großgeschrieben wird und der ein authentisches Reiseerlebnis mit viel Gastfreundlichkeit erlebbar macht. Es gibt von Nord- bis Süditalien rund 1.000 Borghi, Dörfer, die meist im Mittelalter rings um eine Burg entstanden sind und ihren ursprünglichen Charakter bewahrt haben. In diesen charmanten Orten mit ihren Kopfsteinpflaster-Gassen und Steinhäusern ticken die Uhren oft noch langsamer und Traditionen sind hier noch lebendig genauso wie eine authentische Küche mit lokalen Produkten. Viele der Borghi haben sich einem Qualitätstourismus verschrieben und bieten Besuchern Unterkünfte in restaurierten Gebäuden an, die vormals eine nicht touristische Funktion hatten. So kann man z.B. in ehemaligen Mühlen, Schlössern oder Klöstern übernachten oder in kompletten Gebäudekomplexen wie verlassene Dörfer, die als „Albergo diffuso“ („verstreutes Hotel“) geführt werden und in denen die Gäste für die Zeit ihres Aufenthaltes Mitbewohner des Dorfes werden. Ein zentrale Rezeption verwaltet hier mehrere Zimmer, die über das Dorf verteilt sind.
Ganz ähnliche Ziele verfolgen auch die als Borghi Autentici d’Italia (die authentischen Dörfer Italiens) organisierten Ortschaften, die ebenfalls das Konzept des Erhalts historischer Bausubstanz, kultureller Identität und Traditionen verfolgen und zu denen auch die ein oder andere „albergo diffusi“ gehört. Auch hier sollen sich die Gäste als „Teilzeit-Einheimische“ fühlen, in dem sie in das Dorfleben eintauchen.
Ob Freizeit in der Natur, die Möglichkeit zum Wandern, Radfahren, Reiten und vielen anderen Aktivitäten unter freiem Himmel, jede Region Italiens hat für ihre Besucher vielfältige Angebote. 25 Nationalparks und etliche regionale Naturschutzgebiete bieten Naturerlebnisse und Touren abseits der Touristenpfade, bei denen man die lokale Tier- und Pflanzenwelt kennenlernen sowie Trekking- und Mountainbike-Ausflüge machen kann. Die Meeresschutzparks wiederum sorgen für geschützte Zonen an der Küste und um die Inseln, um die Unterwasserwelt zu schützen.
Wer die Gegend erkunden und die Landschaft genießen will, kann von den Alpen bis zum Ätna auf zahlreichen Wanderwegen gehen. Diese führen entlang kulturhistorisch bedeutender Orte, wie etwa die Pilgerroute des Franziskuswegs oder die Frankenstraße, auf der Jahrhunderte lang nach Rom gepilgert wurde. Aber auch literarische Wege, wie der Cammino di Dante, der die Orte verbindet, an denen der italienische Dichter lebte, und die antike Via Appia sind attraktive Routen. Eine Wander- oder Pilgerreise zu Italiens landschaftlichen Schätzen ist immer auch eine Reise des Genusses. Es gibt von Norden nach Süden zahlreiche Schlemmerrouten und Weinstraßen wie die Strada del Vino e dell’Olio an der Costa degli Etruschi in der Toskana oder die Proseccostraße entlang der Naturkulisse Venetiens, die gekennzeichnet ist von Weinreben, alten Abteien, Kirchen und Burgen.
Nicht zu vergessen im Zusammenhang mit „Slow Tourism“ ist natürlich auch die regionale Küche, die mit lokalen Produkten und traditionellen Gerichten einen wichtigen Beitrag zur kulturellen Identität leistet. Italien ist das Land mit den meisten kulinarischen Erzeugnissen geschützten Ursprungs (DOP, IGT – Siegel) und mit den meisten autochthonen Weinen. Nicht von ungefähr wurde die Slow-Food-Bewegung in den 80er Jahren im Piemont gegründet, um von hier aus die Welt zu erobern. Natur, Kultur und regionale Küche- es gibt zahlreiche Möglichkeiten, Italien langsam zu bereisen und dabei tiefer in die Kultur und die Traditionen einzutauschen, um Land und Leute kennen zu lernen.