Apokalypse in Venedig

Venedig. Das schwerste Hochwasser seit 50 Jahren betrifft 80 Prozent der Lagunenstadt, die aktuell unter Wasser stehen, so auch die Basilika auf dem Markusplatz. In italienischen Medien wird Luca Zaia, Präsident der Region Veneto, zitiert, der von „totaler, apokalyptischer Zerstörung“ und „unvorstellbaren und beängstigenden Schäden“ spricht. Neben dem ungeheuren Sachschaden kamen nach aktuellen Stand zwei Menschen ums Leben. Touristen werden ausdrücklich aufgefordert von einer Reise abzusehen.

Wind und Wasser

Hochwasser hat es in Venedig schon einige gegeben. Das hier sogenannte „Acqa alta“ entsteht nicht nur bei starkem Regen und Flut, auch die Winde, vor allem der aus Afrika kommende Scirocco begünstigen die Überschwemmung von Teilen der Lagunenstadt. Von„Acqa alta“ wird erst ab einem Wasserspiegel von 90 Zentimeter gesprochen. Auch beim schlimmsten Hochwasser der letzten 50 Jahre, das die Stadt spätestens in der letzten Nacht vollkommen lahmgelegt hat, haben starke Windböen die Lage verschlimmert. Wie die italienische Nachrichtenagentur ANSA berichtet, kommen zu den schweren Schäden im historischen Zentrum, zerstörte Boote und Vaporettos (als öffentliche Verkehrsmittel eingesetzten Wassertaxis), die durch die Sturmböen gegeneinander geschlagen wurden.

Kulturschätze bedroht

Durch die schweren Schäden im historischen Zentrum sind auch wichtige Kulturschätze bedroht. Derzeit wird das Wasser aus dem Markusdom gepumpt, von dem die gesamte Krypta unter Wasser stand. Das Wasser verursachte unter anderem Schäden am Mauerwerk des 1063 errichteten Wahrzeichens der Stadt, das in seiner beinahe 1000 Jährigen Geschichte nur fünf Mal auf ähnlich dramatische Weise von Überschwemmungen bedroht wurde. Dienstagnacht wurde der höchste je gemessene Pegelstand von 1,94 Meter aus dem Jahr 1966 mit 1,87 Metern nur knapp nicht erreicht. Domprokurator Pierpaolo Campostrini bestätigte gegenüber der Presse die Einrichtung von Nachtwachen, um den Wasserpegel zu kontrollieren. Dies ist vor allem deshalb nötig, da ausgerechnet das Domportal den niedrigsten Punkt der Lagunenstadt bildet. Um die Kulturschätze zu sichern, hat das Kulturministerium eine Taskforce gebildet, die laut Kulturminister Dario Franceschini „Schritt für Schritt“ vorgehen werde.

Sorgen über die nahe und ferne Zukunft der Serenissima

Bei einem Lokalaugenschein auf dem Markusplatz, auf dem laut Medienberichten am Mittwochvormittag „gespenstische Ruhe“ geherrscht haben soll, kommentierte schließlich Venedigs Bürgermeister Luigi Brugnaro die Lage. Die Stadt sei in die Knie gezwungen worden, wird er zitiert. Brugnaro rechnet mit Schäden in Höhe mehrerer Hunderter Millionen. Der Bürgermeister ist überzeugt, dass die Stadt die Lage nicht alleine in den Griff bekommen kann und sendet auf Twitter einen direkten Appell in die Welt und an Rom: „Wir brauchen Hilfe, um diese schwierigen Tage zu bewältigen“, so Brugnaro per Twitter.
Aus Rom wird indes finanzielle Hilfe zugesichert, auch stellt die italienische Regierung in Aussicht, die EU um Unterstützung zu bitten.
Es ist allgemein bekannt, dass Venedig früher oder später infolge der Erderwärmung und der steigenden Meeresspiegel Probleme bekommen wird. Wissenschaftler warnen seit Jahren, doch genaue Prognosen, welche Szenarien wann eintreten, gab es bis dato keine. Und auch konkrete Maßnahmen wurden bis jetzt nicht ergriffen. An einem Flutschutzsystem baut die Stadt seit über 15 Jahren, MO.S.E. (modulo sperimentale elettromeccanico) soll Ende 2022 fertig gestellt werden.
Die aktuelle Lage ist jedoch nicht nur in Hinblick auf Überschwemmungen kritisch. Die Stadt ist in den vergangenen Jahren immer mehr vom Massentourismus überlaufen worden, was Müll und Umweltprobleme mit sich bringt und die Bewohner vertreibt. Venedig leidet unter einen akuten Entvölkerung, auf die, die noch geblieben sind, kommt in den nächsten Tagen einiges zu, die Wetterprognosen machen keine Hoffnung auf Erleichterung.

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