Die Städtchen Bad Urach, wunderschön gelegen im Biosphärenpark Schwäbische Alb, und das lombardische Mantua, sind durch die Lebensgeschichte einer historischen Frauenpersönlichkeit für immer verbunden. Die ersten württembergische Herzogin Barbara Gonzaga di Mantova (* 11. Dezember 1455 in Mantua; † 31. Mai 1503 in Böblingen), selber zwar nie Prinzessin, aber die Tochter einer Brandenburgischen Prinzessin und des Markgrafen von Mantua aus dem berühmten Geschlecht der Gonzaga, prägte zu Lebzeiten die Höfe in Urach, Stuttgart und Böblingen und schafft mit ihrem Schicksal ein unsichtbares Band mit ihrer norditalienischen Geburtsstadt. Barbara stammt aus einer Dynastie, die fast 400 Jahre lang im norditalienischen Mantua an der Macht war und die Stadt wie keine andere prägten. Die Gonzaga sind vor allem dafür bekannt, Bildung und Kunst als Mittel der Machtsicherung und Demonstration zu verwenden, und ließen zu diesem Zweck die zahlreichen Sehenswürdigkeiten und Prachtbauten der norditalienische Stadt erbauen.
Im Zentrum der Stadt ließen die Gonzagas alles abreißen, um vom Palazzo die Capitane, den sie von der besiegten Herrscherfamilie übernahmen, die Kontrolle über die Stadt zu erhalten. Hier errichteten sie die zentrale Piazza Sordello, an der auch der Familienstammsitz der Palazzo Ducale entstand, noch heute der zweitgrößte Gebäudekomplex Italiens nach dem Vatikan. Da die Gonzagas ihre Macht durch Schönheit also Kunst demonstrierten sind alle von ihnen erbauten Gebäude mit Gemälden der bedeutendsten Maler ihrer Zeit ausgestattet. Die Sommerresidenz der Familie, der Palazzo Te, die Barbaras Bruder Federico erbauen ließ, beeindruckte nicht zuletzt den Kaiser Karl den V. und manifestierte den Ruf der Familie.
Barbara wuchs im Herrschaftssitz ihrer Familie, dem Palazzo Ducale in Mantua auf, bis sie im zarten Alter von 19, wie damals üblich, eine strategisch angebahnte Ehe unter Adligen mit Eberhard im Bart, Graf von Württemberg-Urach eingeht. Vermählt wurden die beiden im Dom von Mantua gefeiert, wenige Wochen später zog Barbara begleitet von ihrem Bruder Federico mit einem prachtvollen Hochzeitszug über die Alpen. Bei ihrem Einzug in Bad Urach, wo sie die nächsten Jahre in der kleinen Grafenresidenz im Schloss Urach verbringen sollte, wurde die Hochzeit von Barbara und Eberhard im Barte nochmals mehrere Tage gefeiert, das Fest ging als die berühmte Uracher Hochzeit in die Annalen der Stadt ein. Der zeitgenössischen Beschreibung der Hochzeit, die auch die Gästeliste enthält, auf der zahlreiche hochrangige Damen und Herren verzeichnet sind, gibt auch Aufschluss darüber, dass die 14.000 Gäste 165.000 Laib Brot und über 150.000 Liter Wein konsumierten.
Die nächsten Jahre sollte Barbara im Residenzschloss in Urach leben, das heute eines der wenigen erhalten spätmittelalterlichen Schlösser im Land ist.
Barbara verließ mit ihrer Hochzeit, was ihr zu diesem Zeitpunkt noch nicht klar war, für immer das weltoffene Mantua. Aus den zahlreichen Briefen an ihre Familie, die im Archiv der Gonzaga erhalten blieben, ist zu entnehmen, wie sehr Barbara Italien und ihre Familie, mit der sie Zeit ihres Lebens in engem Briefwechsel bleiben sollte, vermisste. Das Verhältnis von Barbara und Eberhard ist gut, nachdem die anfänglichen Sprachschwierigkeiten überwunden sind, führen die beide eine harmonische Beziehung. Im Jahr 1495 wird Eberhard und Barbara die Herzogwürde verliehen, sie wird damit die erste Herzogin von Württemberg und Teck.
Barbara verleiht dem württembergischen Hof Glanz. Ihre reiche Mitgift, ihre Preziosen und Bildung, ihr Sinn für Kunst und ihre mächtigen Verwandten, die Macht der Gonzagas und überhaupt der italienischen Fürstenhöfe in der Renaissance ist bald auf ihrem Höhepunkt, auf die ihr Gatte sehr stolz ist, bringen Grandezza in die württembergische Provinz. Barbaras hat Einfluss auf das höfische Leben, das sie aktiv gestaltet, und ihr Mann entwickelt sich mit der Zeit zu einem großen Italien Liebhaber. Der Humanismus und die Kultur der Renaissance haben auch Einfluss auf so manche politische Entscheidung ihres Mannes. So gründet Eberhard die Universität Tübingen, seinen Wahlspruch „attempto – ich wags“ steht noch heute an der Alten Aula der Eberhard-Karl-Universität Tübingen.
Nach der Widervereinigung Württembergs, das zwischenzeitlich geteilt war, ziehen Barbara und Eberhard vom Barte, deren einzige Tochter bereits im Säuglingsalter verstarb, was die gute Beziehung der Eheleute doch belasten sollte, nach Stuttgart. Dem Geiste der Renaissance treu, war Barbara eine Gartenliebhaberin und erwarb neben dem Alten Schloß ein Gelände in dem sie einen Renaissancegarten anlegen ließ. Im Arkadenhof des Alten Schlosses steht heute ein Reiterstandbild Eberhards im Barte.
Bis zum Tode Eberhards, der 1496 verstarb und einige uneheliche Kinder hinterließ, blieb Stuttgart ihr zu Hause. Ihren Witwensitz nahm Barbara im Böblinger Schloss, das heute nicht mehr erhalten ist. Auch dort legt sie einen Garten an, an den noch heute die Herrschaftgartenstraße erinnert. Eine Rückkehr an den Hof Mantuas, der aus politischen Gründen im Raum stand, wurde ihr verwehrt und Barbara verbrachte ihre letzten Jahre in Böblingen, wo sie von ihrem Hofgut, dem Hasenhof bei Waldenbuch, dem Jagdschloss, dass ihr am liebsten war, wurde und, so sagen es die Überlieferungen, einen Leibesumfang sehr beachtlichen Maßes angenommen habe. Nach ihrem Tod 1503 wurde sie, ihrem Wunsch entsprechend, in der Klosterkirche der Dominikanerinnen in Kirchheim unter Teck beigesetzt. Eine Grabplatte wurde ihr von Herzog Eberhard II. verwehrt, und ihre Gebeine sind nach der Aufhebung und dem Abbruch der Klosterkirche verloren gegangen.
Im Chor der Tübinger Stiftskirche erinnern zwei schöne Glasfenster, und die Witwen der Württemberger, Barbara Herzogin von Württemberg und Mechthild von der Pfalz, denen in auch zwei Stelen auf dem Böblinger Marktplatz gewidmet sind.
Über 500 Jahre nach ihrem Tod sind zwar die Spuren Barbaras verblasst, doch nicht unauffindbar. Barbaras Leben schafft eine ewige Verbindung zwischen ihrer Geburtsstadt Mantua, der von den Gonzagas gestalteten Stadt zwischen den drei Seen, und dem beschaulichen Bad Urach. Ihre erhaltenen Briefe und ihre Biografie geben Aufschluss darüber, wie das fürstliche Leben zu Zeiten der Renaissance ablief, und Zeugnis darüber, wie auch eine Frau der damaligen Zeit ihren Einfluss geltend machen und das höfische Leben mitgestaltete.