Italien: Lieblingsdestination ohne Touristen

Mit dem Ausbruch des Corona Notstandes Ende Februar, als der berühmte Carnevale di Venezia vorzeitig abgebrochen wurde, passierte etwas, das sich in zahlreichen italienischen Destinationen, die gewöhnlich mit dem Phänomen des „Overtourism“ zu kämpfen haben, vielleicht so mancher Einheimischer beim Einkaufen in überfüllten Gassen (heimlich) gewünscht hätte: die Touristen reisen alle ab. Kurz darauf, am 9. März 2020 erklärt die Italienische Regierung das Land zur Sperrzone, Touristen werden aufgefordert das Belpaese zu verlassen, in Österreich und Deutschland gelten seither Reisewarnungen für Italien.

Der Corona Notstand, eine Katastrophe für den Tourismus

In der gleichen Woche hätte in Berlin die Internationale Tourismusmesse ITB stattfinden sollen, als eine der weltweit beliebtesten Destinationen unter Beteiligung zahlreicher italienschischer Anbieter. Das größte Treffen der Branche, bei dem die Umsätze für das kommende Reisejahr erzielt und wichtige Kontakte und Partnerschaften eingegangen werden, wurde ,wegen Corona, kurzfristig abgesagt. Genauso abgesagt wurden auch alle geplanten und gebuchten Reisen nach Italien- laut dem Branchenverband Confiturismo wird Italien in der Saison 2020 bis zum 31. Mai 30 Millionen weniger Ankünfte italienischer oder ausländischer Touristen verzeichnen, der entgangene Umsatz im Tourismus bis dahin wird mit 120 Milliarden beziffert.

Eine Katastrophe für einen Sektor, der nach Angaben des World Travel and Tourism Council (WTTC) 13% des BIP erwirtschaftet und 15% der Beschäftigung ausmacht. Laut Angaben der Bank von Italien trägt der Tourismus und der damit verbundene Konsum 17 Milliarden Euro zur italienischen Handelsbilanz bei, wie die Zeitung „La Repubblica“ berichtet. Hier kommt auch Luca Patanè, Präsident von Confturismo-Confcommercio (einem Verband von Hotelbesitzern, Reisebüros etc.) zu Wort, der die italienische Regierung dazu auffordert, den Tourismus am Ende des Notstandes ins „ Zentrum der Strategien zur Wiederbelebung der italienischen Wirtschaft“ zu stellen.

Blaue Kanäle aber kein Geld

Italien ohne Touristen, das sind aus einer romantischen Perspektive betrachtet Delphine in sonst geschäftigen Häfen und Bilder von Venedig als „Blauer Lagune“. Italien ohne Touristen bedeutet aber eben auch, dass 15 % der Beschäftigten gerade arbeitslos sind und selbst wenn die Sperre des ganzen Landes aufgehoben wird, ist nicht davon auszugehen, dass sich im August diesen Jahres auf Sardinen, in Capri, Venedig oder Cinque Terre wieder die Massen tummeln. Statt der noch im Januar prognostizierten erneuten Zuwächsen im Tourismus wird aktuell mit einem Verlust bis Jahresende in der Größenordnung bis 60% gerechnet.

Noch ist unklar, wie sich die Corona Pandemie auf das Reiseverhalten der Menschen weltweit auswirkt. Dafür, dass die Saison 2020 so ziemlich gelaufen ist, gibt es deutliche Hinweise. So hat etwa der österreichische Bundekanzler Sebastian Kurz im Zuge seiner Erklärung zur Lockerung der in Österreich geltenden Maßnahmen darauf verwiesen, dass die Reisefreiheit wohl bis auf weiteres eingeschränkt bleibt. Kein Sommer in der Toskana, Urlaub in Österreich lautet hier die Empfehlung.

#ripartiamodallitalia

Angesichts dieses Szenarios haben sich Italiens Touristiker zusammengeschlossen, erstmals organisieren konkurrierende Privatunternehmen und Verbände eine gemeinsame Initiative. Unter dem Hashtag #ripartiamodallitalia wenden sich die Verbände und Reiseveranstalter an „die Institutionen, an alle, die von Tourismus leben, und an die Italiener, einen Sektor zu retten, der 13% des nationalen BIP ausmacht, in ihren Konten 232,2 Milliarden Euro entspricht und einer der Hauptmotoren ist, der italienischen Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur ".

Eines ist klar, der Tourismus in Italien steht vor einer historischen Herausforderung. Die Unterzeichner, Förderer und Unterstützer des Manifests fordern die Regierung dringend auf, entschlossene Maßnahmen zum Überleben von Unternehmen und Arbeitnehmern zu ergreifen. Die Branchenvertreter beklagten, dass die von der Regierung im Zuge der Corona Krise beschlossene Unterstützung von 600 Euro monatlich für im Tourismusbereich tätige Personen bei weitem nicht genug sei, und fordern zinslose Darlehen und Finanzspritzen, um die Liquidität der Unternehmer zu gewährleisten.

Vor diesem Hintergrund wirken die Bilder des verwaisten Markusplatzes weniger romantisch und doch, auch angesichts der größten Krise, wunderschön.

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