Heute, am 21. September ist, wie seit 1994 jährlich, der Welt Alzheimertag. Wenn einer Krankheit ein Welt-Tag gewidmet wird unterstützt von der Dachorganisation Alzheimer's Disease International mit Sitz in London, ist dies ein Indiz dafür, dass es notwendig ist, die Öffentlichkeit für das Thema zu sensibilisieren. In Deutschland organisieren die örtlichen Alzheimer-Gesellschaften und Selbsthilfegruppen jedes Jahr an und um den Tag herum eine Reihe von Veranstaltungen mit dem Ziel auf die Situation der Betroffenen aufmerksam zu machen, aber auch Möglichkeiten und Lösungen für einen positiven Umgang mit der Krankheit aufzuzeigen. Zero39 hat im Zuge der Dokumentationsreihe „Das Werk Pios“ im Krankenhaus Casa Sollievo della Sofferenza in San Giovanni Rotondo, Apulien, einen Roboter getroffen, der die Erkrankten und die um sie bemühten Pflegepersonen dabei unterstützen könnte. MARIO, die Abkürzung steht für das gerade abgeschlossene von der EU geförderte Projekt, bei dem der von der Uni Passau programmierte Roboter, der speziell für den Umgang mit Demenzkranken programmiert ist, getestet wurde. Und obwohl es jetzt dem französischen Hersteller überlassen bleibt, ob MARIO in Serie geht, eines sei vorweg genommen, der Roboter kam bei allen Beteiligten gut an.
Demenz, immer mehr vergessen
Weltweit sind 46 Millionen Menschen von Demenzerkrankungen betroffen, es wird angenommen, dass diese Zahl bis 2050 auf 131,5 Millionen steigt, besonders dramatisch in China, Indien und den afrikanischen Ländern südlich der Sahara.. 7 Millionen Patienten in Europa und bis 2050 sind es wohlmöglich 13,3 Millionen haben eine Demenzerkrankung, die als unheilbar gilt.
Das Leben mit Alzheimer steht daher folgerichtig im Zentrum des diesjährigen Welt Alzheimertages. Hinter dem Motto „Demenz- dabei und mittendrin“ steht die Botschaft und auch der Aufruf Alzheimerpatienten und ihre Angehörigen dabei zu unterstützen ihren Alltag mit der Krankheit zu meistern. Mit Vorträgen, Tagungen, Gottesdiensten und Benefizkonzerten wird die Öffentlichkeit auf das Thema Alzheimer aufmerksam und Betroffenen erfahren, dass sie nicht alleine sind.
Die Botschaft passt, der Mensch steht im Mittelpunkt und nicht die Krankheit. Doch wie sieht der Alltag der 1,7 Millionen Erkrankten in Deutschland aus, wie der ihrer Angehörigen. Wer kümmert sich tatsächlich um die demenzkranke Tante, gibt ihr Aufmerksamkeit und Sicherheit und überwacht ihre Vitalfunktionen und sorgt dafür, dass sie regelmäßig ihre Medikamente einnimmt, ohne dabei die Geduld zu verlieren. Vielleicht ist es schon bald MARIO oder ein anderer Roboter, mit einem anderen Namen. Ob dies funktioniert und ob ein Roboter tatsächlich Aufgaben einer menschlichen Pflegekraft übernehmen kann, wurde im Rahmen des von der EU geförderten Projektes unter anderem in der Geriatrischen Station der Casa Sollievo della Sofferenza, deren Forschungsabteilung auch einen Alzheimerschwerpunkt hat, über ein Jahr lang im Krankenhausalltag getestet. Parallel begleiteten andere MARIOS britische Demenzpatienten verschiedener Erkrankungsstufen in ihrem Alltag zu Hause.
Was kann M.A.R.I.O ?
M. A. R. I. O. ist eine Abkürzung und steht für "Managing active and healthy ageing with use of caring service robots"- also ist Mario ein Pflegeroboter, der dabei helfen soll aktiv und gesund zu altern. Eine automatisierte Pflegekraft ohne Arme, die also nicht heben und nichts holen kann, sondern solche Aufgaben übernimmt, die eigentlich menschlichen Pflegekräften vorbehalten sind. So klingt es in jedem Fall, wenn man Doktor Antonio Greco, dem ärztlichen Leiter der Geriatrie der Casa Sollievo und für das Projekt verantwortlich, reden hört. „Mario hat in diesem Fall die Aufgabe, die Eingliederung des Patienten zu fördern, seine Autonomie zu wahren und vor allem die kognitiven Fähigkeiten zu erhalten. Mario ist imstande, einen Kontakt mit den Familien aufzubauen, er kann in einfacher Weise Zeitungen einsehen bzw. Lieder oder Musikstücke aus der Patientengeschichte vorschlagen, die es dem Patienten ermöglichen, aktiv zu bleiben“, erklärt der Arzt nachdem er ein Jahr im Team mit 3 Robotern auf einer Station gearbeitet hat und zählt dabei die wichtigsten Funktionen auf, die der Roboter im Alltag des Patienten übernimmt. Wie macht er das? Mario hat große, runde Augen und trägt ein Tablet, kann aber mit der Stimme gesteuert werden. Und Mario spielt nicht nur Computerspiele, die die kognitiven Leistungen der Patienten und Patientinnen trainieren, der Roboter überwacht sie. Er untersucht die Vitalfunktionen, aber auch Gemütszustände, erinnert an die Einnahme von Medikamenten oder spielt das Lieblingslied. Dazu kann der Roboter Alarm schlagen, aber auch den regelmäßigen Kontakt zu Familienmitglieder unterstützen, indem er zum Beispiel zu einer ausgemachten Uhrzeit anruft. Gerade bei Demenz, die einen vom Ausbruch der Krankheit oft über Jahre begleitet, sich verschlechtert, aber auch bessere Tage vorkommen, ist der Erhalt der Selbstständigkeit der Patienten oft schwierig. Technische Innovationen wie Computer oder Handy aber überfordernd. So ist Mario geht es nach den am Projekt Beteiligten auch geeignet die Isolation von der Außenwelt zu vermeiden und – und jetzt wird es spannend auch eine Art Ansprechpartner zu sein.
Und wer mit Marios menschlichen Kollegen in San Giovanni über ihn geredet hat, bekommt erzählt, dass dies auch ganz gut klappt. Der Roboter ist sowohl von den Patienten, als auch den Krankenhausmitarbeitern sehr gut angenommen worden. Aus den erhobenen Daten können nun die Entwickler von Mario II genaue Schlüsse ziehen, welche Funktionen verbessert und welche bereits gut entwickelt sind. Es wird wohl noch einige Jahre dauern, bis Roboter Seite an Seite mit menschlichen Pflegekräften im Einsatz sind. Doch es scheint unausweichlich, wenn man die Realität im Pflegealltag kennt. Der Roboter kann natürlich nicht die menschliche Zuwendung ersetzen, aber er kann den Pflegenden viele lästige sich widerholende Aufgaben abnehmen, so dass dieser mehr Zeit und Kraft hat, etwa für eine Partie Karten. Ethische Bedenken hat Dr. Greco keine- die Mitarbeit an dem Projekt war schließlich motiviert von dem Wunsch, etwas zu entwickeln, das die Situation der Patienten verbessert. Und dass Mario es fertig bringt, mindestens ein kleines ein Lächeln auf die Gesichter aller Anwenden zu zaubern, dafür ist kein wissenschaftliche Untersuchung notwendig.