BASILIKATA. Morgen, am 19. Januar, ist es soweit. Mit einem Festakt und 2.000 Musikern eröffnet die süditalienische Stadt Matera in der Region Basilikata, berühmt für die im mediterranen Raum außergewöhnlichen Höhlen, die Sassi, offiziell das Jahr als „Europäische Kulturhauptstadt“. Die Gäste einer der ältesten Städte der Welt, erwartet ein ganzes Jahr lang ein umfangreiches Programm aus Kultur, Kunst, Architektur, Design und Wissenschaft. Das Programm des Kulturhauptstadtjahres umfasst 48 Veranstaltungswochen mit 800 Künstler und Kulturschaffende aus aller Welt, 50 originalen Kulturproduktionen, 5 große Ausstellungen und einigem mehr, ein Blick ins Programm verrät, es wurden keine Mühen gescheut unter Beweis stellt zu stellen, dass Matera die Herausforderung Kulturhauptstadt Europa angenommen hat.
Europäische Kulturhauptstadt
Die Initiative „Europäische Kulturhauptstadt“ wurde 1985 in der EU ins Leben gerufen, 60 Städte quer durch Europa durften bisher den Titel tragen. Das Kulturhauptstadtjahr soll die kulturelle Vielfalt einer Stadt für eine breite - europäische Öffentlichkeit- sichtbar machen und ihrer Kulturszene Auftrieb geben, die bestenfalls Impulse für längerfristige Entwicklungen geben. Das Rampenlicht und die zahlreichen Veranstaltungen locken Künstler und Besucher in die Kulturhauptstädte, von denen es seit 2001 immer zwei gibt. In diesem Jahr teilt sich Matera den Titel mit dem bulgarischen Plowdiw, das wie Matera zu einer der ältesten Städte des Kontinents zählt.
Die Verbindung zwischen den über 60 Europäischen Kulturhauptstädten wird anlässlich der Eröffnung von „Matera 2019“ zelebriert. Getreu dem Motto „Together“ und „Open Future“ ziehen rund 2.000 Musiker aus 54 Bands ehemaliger europäischer Kulturhauptstädte und der Basilikata musizierend durch die Region auf Matera zu, wo sie durch die Straßen und sogar in die Gravina-Schlucht ziehen. Auf den Plätzen der Stadt schließen sich die Musiker mit den Bürgern zusammen, um gemeinsam zu feiern und bis in den Abend Musik zu machen. Um 19 Uhr wird der italienische Präsident die Eröffnungsrede halten, die live im italienischen Fernsehen RAI übertragen wird.
Materra und seine Sassi
Kurz über dem Absatz des Stiefels, 50km südwestlich vom Flughafen Bari und 200km östlich von Neapel, liegt die etwas über 600.000 Einwohner große Stadt Matera in der Hochebene der Murgia, einer kahlen Kalkhochebene die rechteckig die Regionen Apulien und Basilikata überzieht. Trotz der Unwegsamkeit des Gebietes haben hier bereits in der Jungsteinzeit Menschen gesiedelt, Matera kann daher als eine der ältesten Städte der Welt gelten.
Matera beeindruckt vor allem mit ihren jahrtausendealten Felsenkirchen und den Sassi, den in den Fels geschlagene Höhlen, die in der an den steilen Felshängen des zerklüfteten Flusstales der Gravina gelegenen Altstadt Materas liegen. Ein Spaziergang durch das historische Zentrum Materas ist wie eine Reise in die Vergangenheit. Nicht ohne Grund wurden hier Filme wie „Die Passion Christi“ von Mel Gibson und „Das 1. Evangelium nach Matthäus“ von Pier Paolo Pasolini gedreht.
Die Felshöhlen können inzwischen besichtigt werden, wer sie besucht erhält einen Eindruck vom einfachen Leben der Bevölkerung wie es Carlo Levi in seinem Roman „Christus kam nur bis Eboli“ beschrieben hat. Auch die Chiese Ruprestre, die Felskirchen, mit ihren Jahrhunderte alten Fresken legen Zeugnis von frühchristlichen Zeremonien ab. Der Parco Archeologico Storico Naturale della Murgia e delle Chiese Rupestri del Materano (Archäologisch-Historischer Naturpark der Murgia und der Felsenkirchen von Matera), ein Freilichtmuseum auf einer Fläche von 8000 Hektar, bietet einen Einblick in die Jahrtausende alte Menschheitsgeschichte.
Bis in die 1950er Jahre waren die Sassi bewohnt und verkamen in dieser Zeit zum Armenviertel. Nach ihrer Räumung in den 50ger Jahren -es hatten dort schreckliche Zustände geherrscht, so dass die Bewohner in neu gebaute Wohnanlagen am Stadtrand umgesiedelt wurden- liegt die dunkle Zeit hinter diesen Zeugnissen der Menschheitsgeschichte. 1993 wurden die Sassi von Matera in die Weltkulturerbeliste der UNESCO aufgenommen, heute beherbergen sie unter anderem Hotels, Bars und kleine Läden.
„Open Future“ - „Together“
Zu Matera 2019 gehört ein abwechslungsreicher Veranstaltungskalendermit Konzerten, Ausstellungen und Festivals. Das Programms steht unter dem Motto „Together“ und „Open Future“, die Idee besteht darin, zahlreiche Akteure aus der Stadt, der Region, aus Italien und Europa zusammen zu bringen, um durch die Kultur gemeinsam eine offene Zukunft zu gestalten. Das Programm, das über 48 Wochen läuft, und umfasst rund 60 Projekte, unter anderem 4 große Ausstellungen. Hier sei auf “Ars Excavandi” verwiesen, eine ortsspezifische Ausstellung, die die Besucher in den Untergrund und in die Vergangenheit der Menschheit führt, um von den frühesten Siedlungsformen Erkenntnisse für moderne Lebensräume und Architektur zu gewinnen, während bei “Renaissance seen from the South”, 180 Werke aus dem 15. und 16. Jahrhundert in einer Ausstellung präsentiert werden, die zeigt, dass die Renaissance auch abseits ihrer Zentren Florenz, Mailand, Venedig oder Rom stattgefunden hat. Dazu kommen die zahlreichen Initiativen, wie die Open Design School Matera, ein internationales Labor für interdisziplinäres Experimentieren, eine Plattform, die das Hauptmerkmal des Kulturprogramms Matera 2019 ist. Durch die Multidisziplinäre Ausrichtung des Programmes gibt es Angebote für alle Interessensgebiete und auch Altersstufen.
Mit dem Matera 2019 Pass, den es für 19 Euro zu erwerben gibt, erlangt man Zutritt zu allen Veranstaltungen, Einheimischen wird eine Vergünstigung eingeräumt.