Wien. Heute, am 2. Oktober eröffnet das Kunsthistorische Museum Wien die weltweit erste große monografische Ausstellung zum Werk des bedeutendsten niederländischen Malers des 16. Jahrhunderts: Pieter Bruegel der Ältere (1525/30–1569), die bis zum 13. Januar 2019 zu sehen ist. Anlass dafür ist der 450. Todestag des Künstlers.
Pieter Bruegel der Ältere war schon zu seinen Lebzeiten einer der begehrtesten Künstler, weshalb seine Werke bereits damals ungewöhnlich hohe Preise erzielten. Nur knapp über vierzig Gemälde und sechzig Grafiken haben sich überhaupt von der Hand des Meisters erhalten. Mit zwölf Tafelbildern besitzt das Kunsthistorische Museum in Wien die weltweit größte Sammlung an Bruegel-Gemälden. Dies liegt darin begründet, dass Habsburger Sammler schon im 16. Jahrhundert die außerordentliche Qualität und Originalität der Bildwelten Bruegels zu schätzen wussten und sich bemühten, prestigeträchtige Werke des Künstlers zu erwerben.
Die Ausstellung – once in a lifetime
In Museen und Privatsammlungen zählen die Werke Bruegels zu den kostbarsten und fragilsten Beständen. Die meisten Holztafeln sind bislang noch nie verliehen worden. Mit rund 90 seiner Werke zeigt die Ausstellung in Wien nun zum ersten Mal einen Überblick über das Gesamtwerk von Pieter Bruegel dem Älteren: Mit fast 30 Gemälden (das sind drei Viertel des erhaltenen malerischen Œuvres) sowie der Hälfte der erhaltenen Zeichnungen und Grafiken bietet die Schau eine Jahrhundertchance, in die komplexe Bildwelt des Künstlers einzutauchen, seine stilistische Entwicklung und seinen kreativen Schaffensprozess nachzuvollziehen sowie seine Arbeitsmethoden, seinen Bildwitz und seine einzigartige Erzählgabe kennenzulernen.
Unter den Highlights, die in der Ausstellung zu sehen sein werden, sind etwa Die Heuernte aus der Sammlung Lobkowicz in Prag, Der Hafen von Neapel aus der Galleria Doria Pamphilj in Rom (siehe Abbildung), Zwei angekettete Affen aus den Staatlichen Museen zu Berlin, Der Triumph des Todes aus dem Prado in Madrid, Dulle Griet aus dem Museum Mayer van den Bergh in Antwerpen, Der Turmbau zu Babel aus dem Museum Boijmans Van Beuningen in Rotterdam, Die Anbetung der Könige im Schnee aus der Sammlung Oskar Reinhart »Am Römerholz« in Winterthur, Die Anbetung der Könige aus der National Gallery in London, die Zeichnungen Die Imker aus den Staatlichen Museen zu Berlin und Maler und Kenner aus der Albertina in Wien.
Durch die Kombination einer sowohl chronologischen als auch thematischen Präsentation von Bruegels Kunst wird das Publikum die stilistische Entwicklung und Vielseitigkeit seines Werkes nachvollziehen können.
Die großen Galeriesäle werden die Meisterwerke Bruegels zeigen sowie Serien und Gruppen wieder zusammenführen, die über Jahrhunderte getrennt waren, während die daran anschließenden Kabinetträume die Ergebnisse der neuesten umfangreichen technologischen Untersuchungen präsentieren und tiefe Einblicke in den Schaffensprozess der Werke ermöglichen. Die Anfänge von Bruegels Karriere als Zeichner und Grafiker werden ebenso nachvollziehbar sein wie seine
Innovationen für die Landschaftsmalerei. Ein weiterer Teil der Schau ist seinen religiösen Werken gewidmet, mit einer Fülle an Meisterwerken wie Der Triumph des Todes und Dulle Griet, die eigens in Hinblick auf die Ausstellung restauriert wurden.
Als Besonderheit wird Die Kreuztragung Christi als größte und im Format unveränderte Tafel Bruegels ohne Rahmen und beidseitig sichtbar ausgestellt, als würden die BetrachterInnen dem Maler über die Schulter schauen, um sich von der Fragilität und Beschaffenheit der Holztafel und der Qualität der Malschicht, deren Perfektion auch für den Erhaltungszustand der Bilder über die letzten 450 Jahre eine grundlegende Rolle spielt, überzeugen zu können.
In einem intimeren Raum werden die Gemälde mit Miniaturcharakter ausgestellt und Bruegels Ausbildung als Miniaturmaler thematisiert, wobei das Zentrum der Präsentation von der einzigartigen Zusammenführung beider Turmbau-Gemälde gebildet wird, die einst in der Sammlung Kaiser Rudolfs II. vereint waren.
Eine Auswahl von Objekten aus der Zeit Bruegels, die in Kampf zwischen Fasching und Fasten dargestellt sind, soll die BetrachterInnen dazu animieren, die Detailvielfalt dieses sogenannten »Wimmelbilds« wahrzunehmen. Die Bedeutung der einzelnen Szenen sowie Bruegels unübertroffene Gabe, die Materialität der Objekte malerisch festzuhalten, wird für den Betrachter so unmittelbar erfahrbar.
Die traditionell moralistisch geprägte Interpretation des Gemäldes wird hinterfragt und Bruegels scharfer Blick als Gesellschaftskritiker herausgestellt.
Der letzte Saal der Ausstellung ist Bruegels Spätwerk gewidmet, wobei eine differenziertere Sicht auf den ehemals als »Bauern- Bruegel« bezeichneten Künstler geboten wird. Neben Bauernhochzeit und Bauerntanz wird das legendäre mutmaßliche Vermächtnisgemälde Die Elster auf dem Galgen präsentiert. Den krönenden Abschluss der Schau bildet die erstmalige Gegenüberstellung von Der Vogeldieb mit den monumentalen Figuren der Zeichnung Die Imker.