In einem in Auszügen vorab veröffentlichtem Editorial der kommenden Ausgabe des Magazins „La Casa Sollievo della Sofferenza“ erzählt der Generaldirektor des Krankenhauses Casa Sollievo della Sofferenza, in San Giovanni Rotondo, Domenico Francesco Crupi, von den Erfahrungen bei der Versorgung somalischer Flüchtlinge muslimischen Glaubens und appelliert in diesem Zusammenhang an die Nächstenliebe. Crupi nimmt in seinem Beitrag konkret Stellung zur in Italien heftig geführte Debatte um den Umgang mit den Flüchtlingen, die über das Mittelmeer nach Europa kommen. Solidarität und Nächstenliebe ohne Diskriminierung und Entbehrung, sei jedem in Not entgegenzubringen. Dazu mahnt Crupi, dass die Flüchtlinge auf dem Mittelmeer keine „Abenteurer“ seinen, und sich zum Spaß auf die gefährliche Reise machten. Die Botschaft Crupis, des Generaldirektors eines Krankenhauses, das Padre Pio in den 50ger Jahren des vergangenen Jahrhunderts aus Spenden finanziert initiierte, ist voller Hoffnung und guter Argumente.
Es ist ein besonderes Krankenhaus, dessen Generaldirektor Domenico Crupi sich da zur Flüchtlingsfrage äußert. Die Casa Sollievo della Sofferenza – Das Haus zur Linderung des Leidens- wurde im Jahr 1956 auf Initiative Italiens Nationalheiligen Padre Pio von Pietrelcina eröffnet. Pio, der Zeit seines Lebens selber an schweren physischen Erkrankungen litt, wollte einen Ort schaffen, an dem jeder kostenlos und mit Wertschätzung behandelt werden konnte. Die Linderung von seelischem und körperlichen Leid als Einheit verstanden, sollten in der Casa Sollievo della Sofferenza die körperlichen Erkrankungen mit den Mitteln der Medizin so weit wie möglich geheilt und der Seele, bis in den Tod, beigestanden werden.
Finanziert aus Spenden der vielen Anhänger Pios, der als Beichtvater geliebt und gefürchtet war, konnte in den Wirren des Zweiten Weltkrieges „Das Haus zur Linderung des Leidens“ auf einem kahlen Hochplateau in Gargano, wo einst bloß ein kleines Kloster stand, errichtet werden. Seitdem thront die Casa Sollievo della Sofferenza über dem kleinen Ort San Giovanni della Rotondo, der inzwischen einer der größten Wallfahrtsorte Europas ist. Die Casa Sollievo della Sofferenza ist heute eines der modernsten Krankenhäuser weltweit mit angeschlossener Forschungsstation.
Crupi erinnert in seinem Text an Pio, in dessen Sinne das Krankenhaus und alle zur Opera Padre Pio gehörenden Einrichtungen geführt werden, und der für uneingeschränkte Anteilnahme und Solidarität mit den Leidenden steht. „Wahre und aufrichtige Nächstenliebe“, wie sie Pio gelebt habe, schließe Diskriminierung von Herkunft und Hautfarbe aus und frei von Ideologie oder sozial-ökonomischen Interessen. Nächstenliebe, und hier argumentiert Crupi mit seiner Erfahrung als Generaldirektor eines riesigen Krankenhauskomplexes, aus Spenden finanziert und betrieben, könne nicht zu Entbehrungen an anderer Stelle führen.
Die Casa Sollievo, die sich zahlreicher Unterstützer erfreue, stehe, dem Grundgedanken Pios folgend, jedem Hilfesuchenden offen, solange Hilfe von Nöten ist. Crupi bedankt sich bei der Gemeinschaft Sant'Egidio die über einen humanitären Korridor sieben Kinder und drei Mütter muslimischen Glaubens aus Somalia nach San Giovanni bringen konnten, wo die Betreibern der Opera Padre Pio sie „willkommen geheißen, ihnen geholfen und sie geheilt haben und sich in einer Logik in den Dienst des Nächsten gestellt haben, die jede Form der Diskriminierung ausschließt.“ Crupi erzählt von einem kongolesischen Jungen, der mit 18 Monaten im Dschungel ausgesetzt gefunden wurde und seit seiner Ankunft in San Giovanni in der Casa Sollievo behandelt wird. Weder er, noch die 10 somalischen Flüchtlinge, könnten verhindern, dass andere Patienten nicht oder schlechter versorgt werden konnten.
„Wenn man manchen Menschen Gutes tut, führt das nicht automatisch zu Entbehrungen“, betont der Generaldirektor. Die Flüchtlinge würden, so betont Crupi, niemandem die Hilfe entziehen, sondern viel mehr dafür sorgen, dem Gedanken der Nächstenliebe entsprechend die Versorgung der Hilfsbedürftigen zu verbessern.
„In symbolischer Weise möchte ich unterstreichen, dass die Aufnahme von so vielen Menschen aus fremden Ländern, einschließlich ihrer Familien, die Casa Sollievo nicht daran hinderte, den Familien von Kindern, die auf die Station aufgenommen wurden, weiterhin kostenlose Gastfreundschaft anzubieten.“
Einige Kinder der Pädiatrie, so berichtet Crupi, konnten auf Sardinien Ferien machen und das Mittelmeer als Ort der Freude und Hoffnung erleben. Angesichts der aktuell erlebten Todesszenarien am Mittelmeer und dem in Italien, als Anlaufstelle der Boote noch dringlicher diskutierten Reaktionen der internationalen Gemeinschaft auf überfüllte kenternde Boote vor den Küsten Europas und dem harten Kurs des neuen italienischen Innenminister Salvini, sind Crupis Aussagen zum Mittelmeer als „Wiege der Zivilisation“ noch bemerkenswerter. Denn Crupi fragt, ob es denn eine Utopie sei, davon zu träumen, das Mittelmeer zu einem Ort zu machen, an dem alle Kinder des ganzen Beckens in Frieden spielen und Baden könnten und ermuntert die Christen sich über den pragmatischen Zweifel hinweg die Hoffnung und Vision eines friedlichen Mittelmeeres zu bewahren und dafür einzustehen.
Solidarität, Nächstenliebe und Hoffnung sind die Werte, an die Crupi in seinem Beitrag immer wieder appelliert.