Unterschätze Region im Rampenlicht: Der Lonely Planet kürt die Marken zur Top Ten Region 2020
Von den 20 italienischen Regionen kürt der internationale Reiseführer Lonely Planet ausgerechnet die Marken (Le Marche) zur Top Ten Region 2020. Zwischen Toskana und Emilia-Romagna gelegen gilt das Gebiet rechts oben am Stiefelschaft unter Italienkennern seit Jahren als Geheimtipp. Die „grüne Lunge“ Italiens punktet nicht nur mit einer atemberaubenden Landschaft und Naturdenkmälern wie den Grotten von Frassasi, in den Marken sind mit zahlreichen Schlössern, Burgen und Abteien auch zahlreiche Baudenkmäler, sogar die meisten Italiens, zu finden. Die Küche der Marken ist bodenständig und aufgrund der landschaftlichen Gegebenheiten, die Region verfügt über Berge, Flüsse, Felder und einen 80 Kilometer langen Küstenstreifen äußerst vielfältig.
Die kulinarische Tradition der Region
Hinter dem Gebirgszug des Appenin erstreckt sich die Region bis zum Meer und lockte mit ihren unberührten Hügeln, kristallklaren Flüssen, Burgen, Schlössern und Abteien in den vergangenen Jahren eher Radtouristen und Trüffelliebhaber. Denn in den Marken findet eine der weltweit wichtigsten Trüffelmessen statt. Doch auch die „Fiera Nazionale del Tartufo Bianco“ in Acqualagna steht im Schatten ihrer berühmteren Schwester im Piemont, der Trüffelauktion in Alba. Dabei sind in den Marken 16 verschiedene Trüffelsorten zu finden, die zwischen September und Dezember zahlreiche Trüffelsucher in die Hügel und Wälder lockt und die Region zu einer der weltweit wichtigsten Quelle der Diamanten der Küche machen. Die Beute der Trüffelsammler wird in der Trüffelsaison landauf landab kredenzt, neben Acqualagna werden die „Diamanti a Tavola“ auch im zauberhaften Amandola präsentiert. Der Trüffel ist jedoch keineswegs das einzige kulinarische Highlight der Region, die die ganze Vielfalt Italiens bietet.
An der Adria Küste erstrecken sich lange Sandstrände und kleinen Badebuchten, hier wird die traditionells Fischsuppe, der Brodetto, zubereitet, die aus sage und schreibe 13 Fischsorten zubereitet wird. Während in den Küstengebiete Fische und Krustentiere zubereitet werden, kommen im Hinterland, mit den grünen Weinbergen und gelben Weizenfeldern, silbrigen Olivenhainen und roten Klatschmohnwiesen, weiten Tälern und hohen Gipfeln von Apennin und Sibillinischen Bergen, Wildgerichte und bodenständige Hausmannskost auf den Tisch. Zu den bekanntesten Spezialitäten zählen die köstlichen Olive Ascolane, gefüllte, frittierte Oliven aus Ascoli Piceno. Dazu werden Weine aus der Region gereicht, etwa aus den zwölf Anbaugebiete mit kontrollierter Herkunftsbezeichnung.
Hügel, Höhlen, Haine
Die Landschaft der Marken lockt Wanderer und Radfahrer, die abwechslungsreiche Landschaften und wunderschöne Natur zwischen den Ausläufern des Apennins und den Küsten der Adria ist vielfältig und nach wie vor unberührt. Es sind die sich an einander reihenden Hügelketten, die die Landschaft prägen. Auf ihrem Weg zum Meer haben sich die 13 Flüsse regelrecht "durchgraben" müssen. So schufen sie in ihrem oberen Verlauf tiefe Schluchten wie die Gola del Furlo oder gigantische Höhlen wie die Grotten von Frasassi, ein unterirdisches Höhlensystem mit bizarren Landschaften, Seen und so geschickt illuminierten Tropfsteinformationen, dass ein Besuch leicht zu einem Ausflug in eine märchenhafte Unterwelt wird. Olivenhaine, Weinberge, Obstkulturen, Getreidefelder und Wälder wechseln sich ab und ergeben so ein abwechslungsreiches Bild. 10 Prozent des gesamten Gebietes sind Naturschutzgebiete, so dass seltene Tier- und Pflanzenarten in zwei Nationalparks, vier Regionalparks und weiteren Naturreservaten ausreichend Lebensraum finden.
Wer das Meer liebt, wird auch nicht enttäuscht. 80 Kilometer Küste, herrliche lange Sandstrände, lauschige Badebuchten, 9 Sporthäfen und 26 attraktive Küstenstädtchen locken im Sommer zum Badevergnügen. Mit spezieller Exotik fasziniert die Riviera delle Palme mit ihren 7000 Palmen zwischen Cupra Marittima und San Benedetto del Tronto. Einzigartig zeigen sich dagegen die weißen Kreidefelsen und imposanten Felsformationen der Riviera del Conero, zwischen Triest und dem Gargano übrigens die einzige Erhebung an der Adria.
Kunst und Karneval
Schon Umberto Eco ließ sich von den Marken und ihren mittelalterlichen Festungsstädtchen inspirieren und schreib Teile seines berühmten Romans „Im Namen der Rose“ aus seinem Ferienhaus in den Marken. Kloster und Kapellen gibt es hier viele, keine so berühmt, wie das Heilige Haus der Basilika von Loreto, dem Herzstück des Marienkultes, und einer der wichtigsten Wallfahrtsorte der katholischen Welt. Denn hier befindet sich das Heilige Haus von Nazareth, in dem Maria geboren und erzogen worden sein soll und indem sie die Verkündigung Gabriels empfangen habe. Die drei Wände des Heiligen Hauses, das eine Grotte abschloss, sollen auf Umwegen mit Kreuzrittern nach Italien gekommen sein, eine Theorie, für die sich auch Archäologen und Historiker erwärmen können. Zahlreiche Heilige und Päpste haben seither Loreto besucht, der Ort hat sich über die Jahrhunderte quasi um das Heilige Haus entwickelt und hat neben seinem zentralen Anziehungspunkt, der Basilika, architektonisch einiges zu bieten. Neben Loreto locken Kunststädte wie Urbino und Ascoli Piceno sowie die mittelalterlichen Borghi Corinaldo und Fano in die Region.
Urbino das seine Blüte in der Renaissance erlebte, ist heute aufgrund seiner Kunst- und Kulturgeschichte als UNESCO Weltkulturerbe geschützt und wird im kommenden Jahr wohl noch an touristischer Bedeutung gewinnen. Denn die kleine Stadt feiert, gemeinsam mit den Kunstliebhabern auf der ganzen Welt, ihren berühmtesten Sohn, den Renaissancekünstler Raffael, dessen Todestag sich am 6. April 2020 zum 500. Mal jährt.
Ascoli Piceno ist nicht nur wegen der von hier stammenden gefüllten Oliven, den „Olive all'ascolana“, einen Besuch wert. Die Stadt im Süden der Region war bereits in der Antike ein wichtiger Umschlagsplatz, hier ist römische Architektur zu bewundern, die wie im Jugendstilcafe „Caffè Meletti“, wo unter den durchsichtigen Waschtischen die römischen Gemäuer sichtbar sind, noch immer das Stadtbild prägt. Am ersten Sonntag im August steht Ascoli im Zeichen mittelalterlicher Traditionen, denn dann wird die berühmte „Giostra della Quintana“ gefeiert, ein Reitturnier mit Lanzen und Pferden.
Die als mittelalterliche Borghi beworbene Gemeinde Corinaldo ist nicht nur architektonisch attraktiv, im November verwandelt sich das Dorf in die Halloweenhochburg Italiens. Und wenn man dann nach Fano blickt, bekannt für den dort stattfindenden Karneval, der sich als ältester Italiens rühmt, könnte man meinen, dass man sich in den Marken gerne verkleidet und feiert. Der Carnevale di Fano wird seit 1347 gefeiert und neben drei Sonntagen im Februar, an denen die Motivwagen durch die Altstadt ziehen, kennt man in Fano auch noch eine Sommerausgabe des Narrentreffens, den Sommerkarneval im August.
Ob Meer, Berge, Kunst, Kirche, Kulinarik oder Karneval die Marken sind zu jeder Jahreszeit eine Reise wert und mit ihrer Jahrtausende alten Kulturgeschichte auch dem Andrang der Lonely Planet Reisenden gewachsen, ohne an Ursprünglichkeit einzubüßen. Die Marken verfügen über ein gut ausgebautes Radwegenetz und sind nicht ohne Grund bei Fahrradreisenden und Wanderern beliebt.