Camapagna Amica startet Aktion, um Nahrungsmittelnot zu bekämpfen.
In Kampanien gibt es eine Tradition, den “caffè sospeso”. Wer in einer Bar einen Espresso zu sich nimmt und dazu einen „sosepeso“ bezahlt, kommt damit gleich für den Kaffee des nächsten Gastes auf, der vielleicht nicht so viel Geld hat. Eine Initiative der Campagna Amica, einem Zusammenschluss von Bauern, die ihre Produkte auf regionalen Märkten vertreiben, übernimmt dieses Prinzip. „Sospeso“ kann sinngemäß mit verschoben übersetzt werden und genau dieses Angebot machen die Landwirte ihren Kunden. Wer Obst, Gemüse, Mehl, Käse, Fleisch oder andere in Italien hergestellte Lebensmittel bei Produzenten der Campagna Amica kauft oder bestellt, hat die Möglichkeit Familien in Notlagen zu unterstützen und ihnen im Rahmen der Aktion “Spesa sospesa del contadino a domicilio”, was sinngemäß soviel heißt, wie den Einkauf verschieben, ein Lebensmittelpaket zukommen zu lassen. Die Aktion wurde am 31. März gestartet, bereits einen Tag später erreichten Solidaritätspakete, die in Zusammenarbeit mit den Gemeinden bis Ostern kostenlos ausgeliefert werden, Familien in Rom und Brindisi.
Das Engagement kommt nicht von ungefähr und ist vielmehr eine Reaktion der Campagna Amica auf die schwierige Lage vieler Menschen, verursacht durch die Notsituation und Maßnahmen zur Eindämmung des Corona Virus. Nach Angaben des Landwirtschaftsverbandes Coldiretti ist die Zahl der notleidenden Italiener, gemeint ist hier vor allem Nahrungsmittelnotstand, auf geschätzte 2,1 Millionen Menschen angewachsen. Bis Ostern rechne man, laut Coldiretti, mit einer halben Million „neuer Armer“, karitative Organisationen gehen davon aus, dass die Zahl der Hilfsanfragen im März aufgrund des Corona Virus-Notfalls um 30% gestiegen ist. Die Situation betrifft ganz Italien, doch, so Coldiretti weiter, seien bestimmte Gebiete, vor allem im Süden, stärker betroffen.
So werden 20% der Armen Kampanien, 14% Kalabrien und 11% Sizilien zugeordnet, in diesen Regionen würde, wie auch in den vom Gesundheitsnotstand mit am härtesten getroffenen Gebieten Latium (10%) und der Lombardei (9%), ein Nahrungsmittelbedarf bestehen. Betroffen seien fast 113.000 Obdachlose, über 225.000 ältere Menschen über 65 und 455.000 Kinder unter 15 Jahren, die bereits vorher Nahrungsmittelhilfe erhalten haben. Dazu kommen eine Reihe von Menschen und Familien, die aufgrund des Notstandes ihre Beschäftigung verloren haben.
Wie aus den vorliegenden Zahlen zum Einkaufsverhalten hervorgeht, trifft der Corona Virus Notfall auch italienische Familien, die im März angesichts der Krise um 19 Prozent mehr eingekauft haben. In fast vier von zehn Haushalten (38 %) wurde gehamstert, um Vorräte an Lebensmitteln und Getränken anzulegen und damit das Einkaufsbudget, das bei durchschnittlich 462 Euro liegt, strapaziert. Die Untersuchung von Coldiretti liefert einen Blick in die Vorratsschränke, bzw. die Verteilung nach Produktgruppen: Milch, Käse, Obst und Gemüse (17%), dann Konserven (15%), Fleisch und Fisch (14%), Salami und Würstchen (7%) sowie Wein und Bier (5%). Coldiretti weist darauf hin, dass Hamsterkäufe nicht notwendig seien, da ca. 3 Millionen Italiener in der Lebensmittelversorgungskette (von Bauern über Industrie und Handel) die Nahrungsmittelsicherheit garantieren.