Italiens neue Regierung wird heute angelobt, ehemaliger Innenminister Salvini lästert über „Koalition der Sesselkleber“
Rom. 5. September 2019. Gestern präsentierte Italiens alter und neuer Premier Guiseppe Conte Staatschef Sergio Mattarella seine Ministerliste, bereits heute wird die neue Regierung in Rom angelobt. Mitte August hatte der ehemalige Lega Chef und nun Ex-Innenminister Matteo Salvini das rechte Regierungsbündnis mit der Fünf-Sterne Bewegung platzen lassen, da er, wie gemeinhin angenommen wird, aufgrund von Umfragehochs bei Neuwahlen auf eine Mehrheit hoffte. Nun muss der streitbare Ex-Innenminister der Regierungsneubildung unbeteiligt zuschauen und kommentiert die neue Koalition von Fünf Sterne und Sozialdemokraten gewohnt bissig.
Das neue Kabinett, das heute um 10 Uhr angelobt wird und danach noch vom Parlament angenommen werden muss, die Vertrauensabstimmung soll laut Präsident Mattarella „in den nächsten Tagen“ stattfinden, besteht aus 21 Personen. Zehn Minister gehören der Fünf- Sterne Bewegung an, neun den Sozialdemokraten (PD), dazu sitzt eine Unabhängige und ein Vertreter der Linkspartei LEU mit in der Regierung, sieben der Kabinettsmitglieder sind weiblich.
Die Fünf-Sterne Bewegung hatte am Dienstag in einer Online-Befragung darüber abgestimmt, ob eine Koalition mit den Sozialdemokraten von der Basis mitgetragen wird. Die Zustimmung lag bei 79,3 Prozent. Fünf-Sterne-Chef Luigi Di Maio, Vizepremier und Arbeits- bzw. Industrieminister in der ersten Regierung Conte, wechselt ins Außenministerium. Sein Ministerposten geht an den Fünf Sterne Mann Stefano Patuanelli, Justizminister Alfonso Bonafede und Umweltminister Sergio Costa (beide Fünf Sterne) behalten ihre Posten. Neuer Staatssekretär ist der Ex-Minister für die Beziehungen zum Parlament, Riccardo Fraccaro (ebenfalls Fünf Sterne).
Die Ministerien Wirtschaft, Finanzen und Verteidigung gehen alle an Vertreter der Sozialdemokraten. Wirtschafts- und Finanzminister wird der pro-europäische EU-Parlamentarier Roberto Gualtieri, der in Italien weitgehend unbekannt ist, obwohl er als Vorsitzende des Wirtschafts- und Währungsausschusses des Europäischen Parlaments einer der Chef-Unterhändler für den Brexit ist. Verteidigungsminister wird PD-Politiker Lorenzo Guerini. Das Kulturressort übernimmt einmal mehr Dario Franceschini, bereits Kulturminister der Regierungen von Matteo Renzi und Paolo Gentiloni.
Das Innenministerium übernimmt das einzige unabhängige Regierungsmitglied, die ehemalige Polizeipräfektin von Mailand, Luciana Lamorgese, die als prateiunabhängige Technokratin gilt. Lamorgese tritt damit die Nachfolge Matteo Salvinis an, der die Regierungsbildung gehässig kommentiert. Das neue Kabinett bezeichnet der Lega Chef als „Koalition der Sesselkleber“, der parteilose Regierungschef Conte habe sich vom „Anwalt des Volkes“, als der Jurist eine Regierung mit Lega-Beteiligung führte, zum „Anwalt Angela Merkels“ entwickelt, lästert Salvini weiter.