Sardinen gegen Salvini

In Italien formiert sich eine Bewegung gegen Rechtspopulismus

Bologna/Modena/Mailand/Palermo/Florenz. Donnerstag, am 14. November 2019, trat Italiens ehemaliger Innenminister, der Rechtspopulist Matteo Salvini, in Bologna vor 6.000 Anhängern in der Sportarena auf. Salvini, der nach der Regierungsumbildung im Herbst aus der Opposition um Wählerstimmen und ein Comeback in die Regierungsverantwortung wirbt, ist im Wahlkampfmodus. Anfang kommenden Jahres wird in der traditionell linken Emilia-Romagna gewählt und Salvini hofft auf ein ähnlich gutes Ergebnis, wie etwa zuletzt bei der Regionalwahl in Umbrien. Doch Salvinis Siegeszug durch Italien gefällt nicht jedem, vier Studienfreuende aus Bologna organsierten via Facebook einen Flashmob. Auf die Piazza Maggiore in Bolognas Altstadt sollten mindestens genauso viele Menschen kommen, wie zu Salvinis Wahlkampfauftritt- trotz schlechtem Wetters kamen 15.000. Die Demonstration der „Sardinen“ in Bologna war dann die erste von vielen, die vergangenes Wochenende in Modena, Mailand, Palermo, Florenz und andernorts, trotz schlechtem Wetters, Zehntausende Italiener und Italienerinnen auf die Straße zogen, um ihren Widerstand gegen Salvinis Rechtspopulismus, schweigend wie Fische und dicht gedrängt, zum Ausdruck zu bringen.

Salvini und die Lega, die gemeinsam mit der 5 Sterne Regierung bis zum Sommer die Regierung gestellt hatten, bis Salvini Neuwahlen provozieren wollte und sich die 5 Sterne mit den Sozialdemokraten auf eine neue Regierung geeinigt haben, ist im Wahlkampfmodus.
Die Regionalwahlen in der Emilia-Romagna und der Toskana, beide Regionen sind traditionell eher links, stehen vor der Tür. Salvini poltert durchs Land und hetzt gegen Migranten und die EU, live und in den Sozialen Medien. Proteste gegen den ehemaligen Innenminister in Form großer Demonstrationen hatte es bisher nur vereinzelnd gegeben. Etwa um auf das Sterben im Mittelmeer aufmerksam zu machen, Salvini war schließlich der Politiker, der die Rettungsfahrten von NGOs auf dem Mittelmeer scharf verurteilte, Schiffe wochenlang nicht anlegen ließ.

Vier ehemalige Studienfreuende aus Bologna Mattia Santori , Giulia Trappoloni, Andrea Garreffa und Roberto Morotti, die einfach genug hatten vom Populistischen Gebell des Rechtspolitikers auf Wahlkampftour, riefen also Mitte November, als Salvini eine Veranstaltung in ihrer Stadt angekündigt hatte, zum Flashmob auf. Statt der erhofften 6.000, wie zu Salvinis Veranstaltung, kamen eben 15.000. Die Demonstration in Bologna wurde zur Auftaktveranstaltung einer neuen Protestbewegung, womit die vier Initiatoren laut eigenen Angaben nicht gerechnet hatten. Dass es an der Zeit war, Salvini und seiner Lega etwas entgegenzusetzen, zeigen die vielen Menschen, die sich in den letzten Wochen dem Protest anschlossen. Bereits einige Tage nach Bologna versammelten sich in Modena, auch hier parallel zu einem Auftritt Salvinis, 7.000, während Salvinis Veranstaltung verlegt wurde und statt der erwarteten 600 nur 400 Besucher hatte.

Die Bewegung sei eine friedliche Gruppe „normaler Personen“, die jegliche Form von Rassismus und Nationalismus ablehnen, erklärt der Mitinitiator Mattia Santori, der bisher als Sprecher der Bewegung auftritt, gegenüber Medien. „Denen, die am lautesten schreien, antworten wir, indem wir stumm sind wie Fische, aber im Schwarm, eng aneinanderstehend. Wir sind mehr als sie“, so der 32- Jährige weiter.
Die Proteste am vergangenen Wochenende zeigen deutlich, dass viele Italiener genug haben vom Rechtspopulismus Salvinis. Die Sardinen sind inzwischen viele, für die kommenden Wochen sind weitere Demonstrationen angekündigt. Auf Facebook ist im „Manifest gegen Populisten“ nachzulesen, gegen was die „Sardinen“ auf die Straße gehen: "Jahrelang habt ihr Populisten Lügen und Hass über uns ausgeschüttet. Ihr habt Lügen und Wahrheit vermischt und eine Welt geschildert, die euren Interessen entspricht. Ihr habt unsere Ängste und Schwierigkeiten ausgenutzt, um unsere Aufmerksamkeit zu gewinnen. Eure politische Botschaften sind leer", heißt hier.

Salvini selber lässt die Bewegung natürlich nicht unkommentiert und nutzt wie gewohnt die sozialen Netzwerke für eine Stellungnahme. Obwohl sich die Regierungsparteien auf Distanz zur zivilgesellschaftlichen Bewegung halten, ist er sich sicher, dass die sozialdemokratische PD, die nach dem Bruch der Koalition zwischen Lega und 5 Sterne die Regierungsverantwortung übernommen hat, hinter dem Ganzen steckt. „Kratz’ an einer Sardine und du wirst einen PDler finden“, schreibt Salvini auf Twitter. Für die Protestbewegung selber hat der Populist einen Witz auf Lager und postet auf Twitter eine Katze, die eine Sardine verspeist, mit dem Kommentar: „Gattini con Salvini“, ein Kätzchen für Salvini. Es bleibt abzuwarten, wie es weitergeht. Die Sardinen haben jedenfalls weitere Proteste angekündigt, diese Woche in Savenna, Ravenna und Ancona.

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