Stuttgarter Frühjahrsmessen: Markt des guten Geschmacks – die Slow Food Messe

Stuttgart. Gestern, am 28. April 2019, sind in Stuttgart die sogenannten Frühjahrsmessen zu Ende gegangen, darunter auch die 12. Slow Food Messe, der „Markt des guten Geschmacks“ mit 450 Lebensmittelhandwerkern, die dem Publikum ihre guten, sauberen und fairen Produkte vorstellten und dazu einluden, mehr über die Erzeugung und Verarbeitung von Lebensmitteln nach Slow Food Kriterien zu erfahren. Als Neuheiten in diesem Jahr präsentierte die Messe die sogenannten „Markthelden“, Produkte und Betriebe sich ganz der Slow Food Philosophie verschreiben haben und das Event Format „Treffpunkt Geschmack“ das der Live-Zubereitung der qualitativ hochwertigen Lebensmittel gewidmet war. Am Abschlusstag zeigten sich Aussteller und Veranstalter zufrieden mit der positiven Resonanz des Publikums.

Markt des guten Geschmacks – die Slow Food Messe

Beim „Markt des guten Geschmacks“, der vom 25. bis 28. April 2019 bereits zum 12. Mal in der Messe Stuttgart über die Bühne ging, boten rund 450 Lebensmittelproduzenten aus ganz Europa ihre guten, sauberen und fairen, nach Slow Food Kriterien erzeugten, Produkte an.
Das heißt, jedes Produkt auf dem Messe-Marktplatz muss den Qualitätskriterien von Slow Food genügen. Dies bedeutet, dass sie gemäß dem Slow-Food-Motto „gut, sauber, fair“ hohe Ansprüche an Geschmack und Qualität erfüllen müssen. Außerdem wird großer Wert auf Transparenz bei Herstellung und Inhaltsstoffen gelegt. Die Produkte bestehen aus hochwertigen Zutaten. Sie sind mit qualifiziertem, handwerklichem Wissen und Können sowie umwelt- und ressourcenschonend hergestellt.

Die Slow Food Bewegung setzt sich seit den 1980ger Jahren für einen Wandel und ein Umdenken in der Lebensmittelproduktion und Verarbeitung ein. Unter der Überschrift „gut,sauber,fair“ werden auf dem „Markt des guten Geschmacks“ Nahrungsmittel präsentiert, die Ressourcen schonend produziert wurden und gleichzeitig von besonders hoher Qualität sind. Denn, Genuss, Qualität und Nachhaltigkeit schließen sich keinesfalls aus, so die Devise der Bewegung, die 1986 in Mailand von Carlo Petrini gegründet wurde. Slow Food setzt sich für Regionalität und die Bewahrung der kulinarischen Identität ein, dazu gehört der Erhalt von Biodiversität, eine nachhaltige Tierhaltung und die Bewahrung traditioneller Verarbeitungsweisen.

Die Markthelden

In diesem Jahr wurde den Besuchern der Messe erstmalig die sogenannten Markthelden-Produkte vorgestellt. Das sind Erzeugnisse, welche über die Ausstellungsordnung 2019 hinaus die Slow-Food-Prinzipien von ‚gut, sauber, fair' erfüllen. Durch die Art ihrer Produktion bleiben biologische und kulturelle Vielfalt erhalten, das Wohl von Nutztieren wird geachtet. „Einer unserer diesjährigen Markthelden ist beispielsweise die Vorzugsmilch des Völkleswaldhof. Das ist Milch von Kühen, die ihre Hörner behalten und ‚Elternzeit‘ genießen, also ihre Kälber bei sich haben solange diese die Muttermilch brauchen. Und die Kühe essen von kräuterreichen Wiesen. Sie kommen gar nicht umhin, dieses Tierwohl herauszuschmecken. Hinzu kommt, dass das eine Milch ist, die man nicht einfach wegschmeißt, sondern aus der nach ein paar Tagen etwas neues entstehen kann, wie etwa Dickmilch. Das war früher völlig üblich“, erklärt Dr. Ursula Hudson, Vorsitzende von Slow Food Deutschland.

Premiere für den „Treffpunkt Geschmack“

Neu im diesjährigen Rahmenprogramm der Veranstaltung war das Format „Treffpunkt Geschmack: Meet the Chef“. An der offenen Kochbar wurde unter der Anleitung von Experten verkostet, verglichen und über Geschmack, Aroma und Textur von Lebensmitteln bei unterschiedlichen Herkünften, Zubereitungsweisen oder Reifegraden diskutiert. Dazu bestand die Möglichkeit, dem Chef am Herd über die Schulter zu schauen und nebenbei exklusiv den ein oder anderen Tipp oder Trick mitzunehmen. Beim „Continental Whisky Market“ präsentierten sich Whiskybrennereien des europäischen Festlands, während die Besucher im benachbarten „Gin-Quarter“ die spannende Aromen-Vielfalt regional erzeugter Gins kennenlernen konnten. Mit dem Sonderbereich „Marktplatz Brauerhandwerk“, wo sich alles um Brauereien drehte, die Wert auf traditionelle Herstellungsmethoden legen und weit davon entfernt sind, einen Massenmarkt zu bedienen und der Vinothek mit einer großen Auswahl deutscher Weine, zeigt die Messe deutlich, dass sich auch bei den Getränkeherstellern einiges im Bereich Nachhaltigkeit tut.

Hinter guten Produkten stecken Herz, Kopf und harte Arbeit

Aus Sicht von Fritz Kuhn, Oberbürgermeister von Stuttgart, gehört die Slow-Food-Messe einfach nach Stuttgart. In der Landeshauptstadt bewege sich viel im Bereich Nachhaltigkeit, weshalb er es begrüße, dass eine gesellschaftlich wie politisch wichtige Organisation wie Slow Food jährlich hier zu Gast sei und über Neuigkeiten im Bereich Ernährung und Lebensmittel informiere, erklärte Kuhn während der Eröffnung. Indem die Messe die entscheidenden Unterschiede zwischen handwerklich und konventionell hergestellten Produkten aufzeige, bringe sie Menschen auf den guten Geschmack und zeige auf, dass hinter Produkten Herz, Kopf und harte Arbeit stecke. Und das kommt auch beim Publikum gut an. „Auch die 12. Slow Food Messe hat mit zufriedenen Besuchern und Ausstellern ihre Tore geschlossen. Positiv stimmt uns vor allem, dass die Besucherinnen und Besucher die Qualität der hier präsentierten Lebensmittel zu schätzen wissen und dass das neue Event-Format ‚Treffpunkt Geschmack‘ von den Besuchern so gut angenommen wurde“, freut sich Dr. Hudson.

Visionen für ein neues Lebensmittelsystem

Und natürlich ist die Messe auch ein Ort des Erfahrungsaustausches und der Visionen für die Veränderung des bestehenden Lebensmittelsystems. Gerade letzte Woche hat Slow Food Europa anlässlich der bevorstehenden EU-Wahlen ein Manifest veröffentlicht, indem Politikbereiche aufgezeigt werden, bei denen dringender Handelsbedarf besteht.

Martin Häusling, der seinen Bauernhof seit über 30 Jahren ökologisch bewirtschaftet, agrarpolitischer Sprecher der Grünen im Europäischen Parlament und Mitglied im Umwelt- und Gesundheitsausschusses ist, eröffnete seine Keynote mit einem klaren Plädoyer für die Förderung bäuerlich-ökologischer Landwirtschaft. „Menschen praktizieren Landwirtschaft seit rund 6.000 Jahren, traditionell im Gleichgewicht mit der Natur und untrennbar verbunden mit dem Lebensmittelhandwerk. Um so mehr kleine Betriebe dicht machen, umso mehr gehen uns diese Traditionen verloren. Das Ruder können wir nur herumreißen, indem die Politik die Gelder, und damit unsere Steuergelder, anders verteilt, wir Nahrungsmittel mit wahren Preisen etikettieren und Verbraucherinnen und Verbraucher ihr Essen wieder wertschätzen“, so Häusling.

Nach Logik der aktuellen Europäischen Agrarpolitik fallen auf jeden Hektar Land rund 300 Euro, ungeachtet dessen, ob der subventionierte Hof umweltfreundlich und für einen regionalen Markt wirtschaftet oder nicht. Das, so Häusling, sei viel Geld mit dem viel Gutes getan werden könne. Es müsse auch zu einem Ende der exportorientierten Form der Agrarwirtschaft kommen. „Wir mästen unsere Tiere in Europa mit Soja aus Südamerika, damit wir das Fleisch anschließend nach China oder Japan exportieren. Das ist ökologischer und sozialer Wahnsinn“, kritisierte er. Klar ist, es braucht Lösungen. Von vermeintlichen Heilsbringern wie klimasmarte Landwirtschaft, neue Gentechnik und Digitalisierung hält Häusling pauschal wenig. Das sei weder eine langfristige Lösung für den Schutz von Klima und Artenvielfalt noch reduziere es bewiesenermaßen den Einsatz von Chemie in der Landwirtschaft. Es sei einzig eine weitere Einnahmequelle für die Industrie, die uns die aktuelle genetische Verengung überhaupt erst aufgetragen habe. „Was wir brauchen sind tragfähige Visionen und Innovationen im Sinne einer Gesundheit für Mensch und Umwelt. Dafür ist Europa mitverantwortlich, auch wir als Wählerinnen und Wähler. Deshalb möchte ich Sie alle bitten, bei der anstehenden Europawahl teilzunehmen, damit wir Möglichkeiten für Veränderungen nutzen“, schloss Häusling.

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